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Seid anständig, verletzt niemanden

Bismillahirrahmanirrahim

 

Seid anständig, verletzt niemanden

 

Sheikh Eşref Efendi, Berlin, 13.01.2016

 

Der Prophet Mohammed (Friede und Segen auf ihn) teilte sein Essen immer mit anderen. Er aß nur in der Anwesenheit von Gästen. Niemals allein! Waren keine Gäste zugegen, ging er auf die Straße hinaus und sprach jemandem seine Einladung aus.

Wird dir als Gast Essen und Trinken, das auf dem Tisch steht, angeboten, so solltest du es nicht ablehnen. Denn das zeugt von gutem Benehmen. Abzulehnen wäre das gleiche, als würde man das Essen vergeuden.

 

In einer Sure im Koran steht geschrieben: „Esst und trinkt, doch verschwendet nicht.“ Dies wird stets so verstanden, dass man zwar essen und trinken soll, jedoch nicht zu viel davon. Doch das ist nur die eine Bedeutung. Die andere besagt: „Iss und trink, und lass die Dinge, die für dich geschaffen sind, nicht liegen. Denn auch das ist Verschwendung.

 

Das Fasten lehrt dich den Unterschied zwischen Bedürfnis und Verlangen. Es gibt dir eine Bremse, so dass du nicht ohne nachzudenken nach den Dingen verlangst. Wir können das daran erkennen, das auch heute, wo der geehrte, gesegnete Monat Ramadan beendet ist und wir wieder essen dürfen, unsere Hand dennoch stoppt, bevor wir zum Essen greifen.

 

Während der vier Wochen im Ramadan hat sich der Körper mehr und mehr auf die Nahrungs- und Wasseraufnahme erst ab abends eingestellt. Wir brauchen keine hundert Liter Wasser am Tag! Wenn wir tagsüber und nachts stets von allem etwas benötigen, hiervon ein bisschen kosten und davon ein wenig probieren, dann hat das nichts mit Bedürfnissen zu tun: Das ist nur Neugier!

 

Was ist die beste Medizin gegen Diabetes? Die Zitrone! Nimm eine Bio-Zitrone, schneide sie in kleine Stücke und iss stündlich über den Tag verteilt ein Stück davon – mit Schale! Mach das zwei Wochen lang und lass dann deine Zuckerwerte erneut untersuchen!

„Na ja, Sheikh, wenn Sie meinen, aber das habe ich ja noch nie gehört!“

 

Deshalb bist du ja auch bei mir, um von noch Nicht-Gehörtem zu hören – und manchmal auch von Unerhörtem...

Unser Bruder hier kann arabisch lesen, auch den Koran. Mashallah! Hättet ihr das gedacht?

„Sheikh, er ist sprachlich talentiert.“

 

Denkt er, er hätte diese Möglichkeit von sich heraus bekommen? Es hat seinen Sinn, dass er seinen Aufenthalt hier bei uns noch etwas verlängert hat. Er muss noch etwas mehr von uns erfahren.

 

Ist man talentiert, kann man etwas besser als andere, kommt es vor, dass das Ego sich aufbläht; es glaubt, es sei etwas Besonderes...

Das ist jetzt ein richtiger Aufwärtshaken wie beim Boxen, von tief unten wird zum Schlag angesetzt. Doch wir sprechen hier nicht nur eine Person an. Das gilt für uns alle, ist für jeden von uns bestimmt, auch für mein Ego.

 

Je mehr irdisches Wissen du erlangst, desto mehr bist du gefährdet, dich mit dem Virus der Eitelkeit zu vergiften. Ist dir das passiert, bist du eitel geworden, hast du nicht aufgepasst! Dann hast du verschmutztes Wissen konsumiert. Dein Obst wäschst du ja auch vor dem Verzehr, damit du nicht krank wirst...

 

Du musst jedes irdische Wissen erst von der Eitelkeit, von deinem Ego reinigen. Wasch es rein, bevor du es in dich aufnimmst. Es ist sonst nichts wert! Animiert es doch andernfalls dein Ego, sich aufzublasen... Das ist teuflisch! Sheytan war einst ein Engel – er ist gefallen, jetzt ist er der Teufel. Das geht schnell! Wir müssen aufpassen, wir müssen unser Ego unter Kontrolle halten!

 

Den Geschmack von Baklava, einer Dattel oder von Salzstangen kannst du beschreiben. Nie aber den Geschmack von himmlischem Wissen! Himmlisches Wissen hat solch einen köstlichen Geschmack – das ist unbeschreiblich. Trachte danach, mehr davon zu bekommen!

 

Also heb nicht ab, sondern blas dich auf mit himmlischem Wissen! Bleib auf dem Teppich, du bist noch kein Flugzeug! Ein Luftballon bist du, bleib besser am Boden angebunden! Was denkt ihr, was mit einem Luftballon passiert, dessen Leine sich löst...?

„Er fliegt ohne Kontrolle und zerplatzt letztendlich, Sheikh.“

Seid anständig, verletzt niemanden!

 

Je mehr du weißt, desto mehr Respekt musst du den Menschen erweisen, die anscheinend weniger wissen als du. Wenn du jenen schon Respekt erweisen musst – wie ist das dann erst bei denen, die mehr wissen als du.

Wenn sich jemand erst seit zwei Jahren einer Sache angenommen hat, kann er vermutlich noch nicht so viel Wissen darin erlangt haben. Aber einige unter ihnen sind zehn Jahre dabei und wissen auch nicht mehr...

Verliere nie den Respekt vor Menschen, die weniger Wissen haben als du! 

 

Niemals hat mein Großsheikh mich spüren lassen oder mir gar gezeigt, dass ich kein oder nur sehr wenig Wissen habe!

Niemals hat er deshalb auf mich hinunter geschaut! Hätte er das getan: Ich wäre fortgegangen, wäre nicht geblieben.

Niemals wies er mich an zu schweigen, gar mit „Shut up!“

 

Höflich ausgedrückt: „Würden sie bitte freundlicherweise den Mund halten!“

Der Sheikh hat so viel Wissen, dennoch wird er neunzig Prozent davon nie an seine Schüler weitergeben; sie könnten damit sowieso nichts anfangen. Man soll fragen, aber nicht alles kann man verstehen... 

 

Da muss man genau hinschauen. Himmlisches Wissen darf man nicht jedem geben und damit sozusagen ‚Perlen vor die Säue werfen‘, sondern nur denen, die es verkraften, die es verdauen können.

 

Viele Leute fragen, warum sich der Sheikh in den scheinbar gleichen Erzählungen, Handlungen und Empfehlungen immer wiederholt. Das ist so, weil der Schüler das ihm dargebotene Wissen noch nicht verdaut hat. Er ist sozusagen ‚voll‘, schon am Überlaufen – und wir geben immer weiter? Nein! Wir können nicht geben, wie wir wollen. Wir müssen warten, bis er das Wissen verdaut hat. Sonst spuckt er alles wieder heraus – und das ist Verschwendung.

 

Also wandelt der Sheikh das Wissen ein bisschen um: Er bietet dem Schüler verträglichere Kost an, bis er die vorangegangenen Erkenntnisse verdaut hat – um dann mit der ‚Nahrungsaufnahme‘ fortzusetzen. 

 

Einst kam ein Guru in Indien, der einen Monat weder gegessen noch getrunken hatte, zu einem Sheikh aus unserer Goldenen Kette der Naqshbandi und forderte diesen auf: „Kannst du das auch? Lass uns sehen, wessen Glaube stärker ist: Lass uns beide für einen Monat nichts essen und nichts trinken. Wir werden sehen, wer von uns dazu in der Lage ist.“ Da dies nach einem Monat beiden gelang, sprach der Sheikh: „Einer von uns beiden muss verlieren, einer gewinnen. Jetzt lass uns zwei Wochen lang essen und trinken - aber nicht auf die Toilette gehen. Dann werden wir ja sehen.“ 

 

Der Guru scheiterte - der Sheikh hat es geschafft... 

Auf Essen und Trinken zu verzichten kann jeder. Schau einen Stein an – er isst und trinkt seit Millionen von Jahren nicht und ist doch noch immer in der Existenz. Willst du wie ein Stein sein? 

Und ich frage: Wie alt ist dieser Stein?“
„Eine Million Jahre, Sheikh.“

 

Oh! Ohne zu essen und zu trinken... und doch so alt geworden! 

Was haben wir nun davon, nichts zu essen und zu trinken? Wir sind versteinert.... 

Woraus ist das hier alles um uns herum?
Woraus ist das Essen auf dem Tisch?
Woraus sind wir gemacht?


Wie kommen wir überhaupt zustande?

Durch Licht! Alles besteht aus Licht, aus Sonnenlicht. Ohne Licht - ohne Sonne - kann es keine Nahrung auf der Erde geben. Und wir würden nicht existieren.

 

Wie geht das, wie ist es nun möglich, zu essen und zu trinken ohne Toilettengang? Jener Sheikh sprach: „Weder auf Essen noch auf Trinken angewiesen zu sein, das ist die erste Stufe. Aber nicht verdauen zu müssen, das ist eine sehr hohe Stufe.“

 

Die Engel und die Heiligen beherrschen das; sie wandeln die Nahrung, indem sie sie zu ihrem Ursprung zurückführen – zum Licht. Wäre das den Engeln nicht möglich, würden sie dir von oben herab auf den Kopf....

Würdest du dann immer noch sagen: „Alles Gute kommt von oben“? 

So, das reicht für heute! 

 

Fatiha